Eine muntere Residenten-Gruppe auf dem Kalvarienberg. Gang durch die Gassen der 6000-Einwohner-Gemeinde. | Gabriel Wolenik

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Die Fremdenführerin María Sureda gesteht: „Ich bin in Artà verliebt.” Die Gemeinde habe alles, was die Insel anbietet, erklärt sie: Berge, Strände und Dünen, Küsten und Felsen, Buchten. Daneben gibt es eine barocke Wallfahrtskirche (Sant Salvador), ein Theater (Teatre d’Artà), drei Naturschutzgebiete in der Nähe, einen Wochenmarkt und eine Handvoll Feste. Darüber hinaus ist Artà seit zwei Jahren als erster Ort auf den Balearen „Slow City”. Das heißt, dass er sich der Verbesserung der Lebensqualität und der Förderung von Diversifizierung widmet, sowie kulturelle Diversität und seine eigenen und speziellen Werte und die seines Umlandes unterstützt und betont. In diesem Sinne verbindet sich Artà mit der Idee der Entschleunigung.

So viel zur Theorie. Praktisch ist Artà ein entzückendes Städtchen: Kugelrund beschnittene Bäume säumen die schnurgerade Einkaufstraße „Carrer de Ciutat”, die, weil sie außerdem zu ihrem Zentrum hin leicht ins Tal fällt, von ihrem Anfang und Ende aus optisch toll nachzuvollziehen ist; helle Fassaden mit bunten Fensterläden leuchten freundlich im Sonnenschein, alle paar Meter stehen links und rechts der Promenade einladend Café-Tische und -stühle. Einige Müßiggänger sitzen im Halbschatten und gönnen sich ein Getränk. Grundsätzlich herrscht eine lockere, fröhliche Stimmung auf der Straße. Das schöne Wetter an diesem Vormittag trägt maßgeblich zum guten Eindruck bei.

„Die Menschen aus Artà haben den Ruf, zu den lustigsten auf Mallorca zu gehören”, erzählt Sureda. Sie berichtet von der Einweihungsfeier der Eisenbahnlinie von Palma über Manacor und Son Servera nach Artà im Jahre 1921, die vier Tage gedauert haben soll. Daneben wird etwa am 17. Januar das Volksfest zu Ehren des heiligen Antonius mit reichlich Feuer zelebriert.

Die Führung an diesem Tag wird von Ingrid Flohr organisiert. Flohr lebt in Santanyí und bietet Kunstführungen, Atelier-Besuche und Touren in Palma an. Mit María Sureda arbeitet Flohr seit 2016 zusammen. Neben dem Rundgang in Artà können Interessierte noch Ortsbesuche unter anderem in Palma, Pollença, Manacor, Santanyí und Inca buchen. Sureda stammt aus Manacor und spricht bemerkenswert gut Deutsch. „Ich habe vor 30 Jahren als Au-Pair in Münster gearbeitet”, erklärt sie, „und habe eine Sprachschule besucht.” Außerdem helfe ihr das große Angebot an deutscher Literatur über die Themen ihres Tagesgeschäfts.

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Kundig spricht Sureda etwa auch über die Posada dels Olors, ein ehemaliges Herrenhaus, das heute als Seniorenheim dient, oder über das Handwerk der Korbflechterei. Dieses ist neben der Töpferei eines der ältesten Kunsthandwerke der Insel Mallorca und hat sich in der Region um Artà erhalten. Ausgangsprodukt sind die heimischen Zwergpalmen mit ihren biegsamen, robusten Blättern. Die auf Mallorca vor allem in der Region Llevant natürlich vorkommende, bis einen Meter hohe Palmenart bedeckt heute weite Felder rund um Artà.

Eine Residentin aus Hannover lässt sich unter anderen durch die sympathische Gemeinde führen. Sie hat hier seit fast 30 Jahren ein Ferienhaus und möchte von María Sureda das über Artà erfahren, was sie selbst noch nicht weiß. „Mir gefällt das Städtchen, weil es sehr mallorquinisch ist,” so die Frau, „weil man hier gerne feiert und man schnell an vielen Stränden ist.” Dass es in diesem nordöstlichen Kleinod dörflich zugeht, findet die Hannoveranerin schön und auch, dass der Umgang der Einheimischen mit den Zugezogenen respektvoll sei.

Interesse und Neugierde sind die Motive einer anderen Residentin aus dem Rhein-Main-Gebiet, um an der informativen Führung teilzunehmen. Sie lebt seit vier Jahren in Santanyí. Die Deutsche besuchte bereits mehrere Rundgänge mit Sureda, deren Wissen über die mallorquinische Kultur sie schätzt. Als „erkenntnisreich” lobt sie die Touren.

Nach zweieinhalb Stunden neigt sich die Veranstaltung langsam dem Ende zu und die rund 20-köpfige Gruppe schlendert ohne Eile die dominante Festungsanlage von Sant Salvador auf dem Kalvarienberg hinunter zurück in den Ort; entlang einer schönen, 180-stufigen Treppe, die von Zypressen flankiert wird. Der Vormittag endet vor dem 2001 erbauten Theater von Artà. Das Publikum ist zufrieden und verstreut sich durch die engen Gassen der Gemeinde. María Sureda hat ihren Job erledigt.